03.03.20 Hornberger diskutieren über Ärztemangel-Problem im Ort

Rund 30 Hornberger Einwohner folgten der Einladung zum Gespräch über den Ärztemangel. Dabei fiel auch das Thema Ärztehaus.

„Ohne Änderung der Rahmenbedingungen passiert nichts. Die Entscheider sitzen in den oberen Etagen an den grünen Tischen und diese sind weit weg von der Realität. Wir beißen uns bereits seit zehn Jahren an den Verantwortlichen die Zähne aus. Und die Politik ist nicht in der Lage das Ganze vernünftig zu handeln“, sagte der Hornberger „Bärenplatz“-Arzt, Martin Wetzel, bei der Bürgerrunde am Montagabend zum Thema Ärztemangel, zu der die Stadtverwaltung eingeladen hatte.

Ebenso deutliche wie ernüchternde Worte, die für die rund 30 interessierten Bürger aber hilfreich waren.

Denn der Arzt und seine Kollegin Carmen Ramm machten klar, das die Schuld nicht allein auf die Kommune abgeladen werden könne.

Probleme landen letztlich bei der Kommune

Für Bürgermeister Siegfried Scheffold im übrigen ein alt bekanntes Problem. „Immer wenn oben etwas nicht klappt, landet es wie auch schon beim Mobilfunk oder dem Nahverkehr bei den Kommunen“, bemerkte er und bat darum, die Rolle der Kommune nicht zu überschätzen. „Wir sind nicht in der Pflicht, aber wir kümmern uns“.

Wetzel verdeutlichte ebenso, dass das „Gesunde Kinzigtal“ ein Zukunftsmodell und das innovativste Projekt überhaupt sei, an dem sich jeder beteiligen sollte.

Die Politik finde zwar lobende Worte, lasse die Initiative aber gleichzeitig am langen Arm verhungern.

Er legte dar, wie sich die drei „Bärenplatz“-Ärzte seit langem um Nachfolger bemühen. Die Konzepte seien bislang aber leider nicht aufgegangen.

Es gebe viele falsche Vorstellungen in der Bevölkerung, was eine Hausarztpraxis erlöse. Außerdem würden auch die drei Ärzte mit ihren Mitarbeitern irgendwann am Limit laufen − und darüber hinaus werde allgemein medizinisches Fachpersonal knapp.

Für Hornberg ergibt sich medizinische Unterversorgung

Scheffold rollte das ganze bekannte Procedere seit Bekanntwerden der Schließung der Arztpraxis Vorgrimler-Beck/Quack und der baldigen Schließung der Zahnarztpraxis Zeumer nochmals auf. Bei den Zahnärzten werde es für Hornberg „definitiv eine Unterversorgung geben“.

Mit weiterem Interessenten im Gespräch

Neu sind Gespräche mit einem Interessenten in Facharztausbildung, mit dem es auch über das „Gesunde Kinzigtal“ noch weitere Gespräche geben wird.

Außerdem wurde Hornberg und Steinach als Fördergebiet ausgewiesen und kam in ein Programm aus dem Strukturfond der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Mittelbereich (dabei handelt es sich um verschiedene Raumschaften, wo der Bedarf gezählt und hier konkret 1,75 Arztstellen frei sind).

 

Im günstigsten Fall bekommen Interessenten 95 000 Euro − bis zu 80 000 Euro für Investitionskosten und Personal und 15 000 Euro als weiteren Zuschuss aus der Landarztförderung.

Privatinvestor hat Interesss an ehemaliger Apotheke

Weiter informierte er über Gespräche der Stadt mit den Eigentümern des Gebäudes der ehemaligen Bären-Apotheke, um dieses zu kaufen. Allerdings habe ein privater Investor Interesse bekundet, der die Räume schnell einem Zahnarzt zur Verfügung stellen wolle.

Es gebe dazu konkrete Gespräche und berechtigte Hoffnungen. „Die Privatinitiative hat Vorrang. Das ist sehr zu begrüßen, wenn das klappt“.

Man befasse sich außerdem ernsthaft und in Kooperation mit den „Bärenplatz“-Ärzten mit der Thematik eines Ärztehauses und habe ein geeignetes Grundstück in städtischem Eigentum. Scheffold rechnet aber mit einer Vorlauf- und Umsetzungszeit von drei Jahren.

Außerdem sei die Schwierigkeit nicht das Haus zu bauen, sondern Ärzte zu bekommen.

Freie Flächen im ZIG beachten

Zuhörerin Brigitte Schondelmaier erkundigte sich nach Räumen im ZIG. „Flächen sind frei, das wäre eine Option“, nahm der Bürgermeister die Anregung auf.

Zuhörerin Gudrun Wälde ging erneut auf die älteren Mitbürger ein. „Für die Älteren brauchen wir Versorger am Ort“, ließ Martin Wetzel keinen Zweifel. Es sei zwar eine berechtigte Frage, aber Schuldzuweisungen würden nicht weiterbringen, war die Antwort auf die Frage von Rolf Hildbrand, dass Zeit verspielt wurde.

Zuhörerin Maria Staiger sieht im Ärztemangel „eine gewaltige Schwächung für Hornberg“. Ihre Idee eines offenen Briefs an die Politik und die KV wird aufgenommen.

Auch wollen die Bürger bei Veranstaltungen künftig eine hohe Präsenz zeigen. „Fragen Sie ihre Krankenkassen, was mit den Beiträgen geschieht und gehen Sie wählen“, riet Martin Wetzel zudem.

Bekenntnis zu Hornberg

„Den eigenen Standort nicht immer schlechtreden, sich über die Abwanderung Gedanken zu machen und nicht immer gleich Rechtsanwälte aufzusuchen, auch das können wir tun“, gab Zuhörer Gottfried Bühler zu bedenken.

Der Bürgermeister bittet weiter darum, Lösungsansätze zu suchen, die man ihm gern persönlich oder per E-Mail mitteilen könne. Es sei sehr wichtig gewesen, auch einmal die Meinung und das Tun der Ärzte selber zu hören, zeigten sich die Bürger froh, dass Martin Wetzel und Carmen Ramm anwesend waren.

von Petra Epting